Ihr habt im November 2014 am Probeexamen teilgenommen und Anfang Januar 2015 stehen die schriftlichen Prüfungen bevor. Wie war das Probeexamen für Euch?
Martin: Klar, das war schon anstrengend, aber ich habe es mir viel schlimmer vorgestellt. Ich bin sehr froh, dass ich mitgeschrieben habe und würde es sofort wieder machen. Es war gut, einmal acht Klausuren am Stück unter realistischen Bedingungen zu schreiben. Ich hatte immer Angst vor dem Fall, mit dem man nichts anfangen kann. Jetzt habe ich die Sicherheit, dass ich immer etwas hinbekomme. Ich habe gespürt, dass es zu bewältigen ist, und weiß jetzt: Ich kann das! Das war gut.
Sebastian: Ich sehe das auch so. Ich habe mich vor allem deshalb fürs Probeexamen angemeldet, weil ich im 1. Examen gemerkt habe, wie gut und wie wichtig eine solche Simulation ist. Irgendwie weicht jeder von uns dieser Situation aus, weil sie unangenehm ist. Jeder hat da so eine Klausurhemmung. Viele Kollegen haben mir dann gesagt, ihnen würden die zwei Wochen Probeexamen bei der Examensvorbereitung fehlen. Das stimmt nicht, weil das Klausurenschreiben gut investierte Lernzeit ist. Es gibt wichtige Rückschlüsse, die ich sonst niemals gewonnen hätte.
Martin: Stimmt, ich habe mich auch vorher gefragt: „Warum schreibst Du das Probeexamen, wenn Du noch nicht ausreichend vorbereitet bist?“ Ich habe mich vor dem Probeexamen wirklich nicht gut vorbereitet gefühlt. Aber man kann doch niemals „komplettes“ Wissen erlangen, und der Lerneffekt bei einer solchen Examenssimulation ist groß. Auch im Examen wird man auf Klausuren treffen, mit denen man nicht umgehen kann, und muss trotzdem was aufs Papier bringen.
Würdet Ihr das Probeexamen nochmal machen?
Martin: Ja, auf jeden Fall. Alles andere kann man irgendwo nachlesen, aber diese Situation kann man anders nicht üben. Die großen Lerneffekte im Probeexamen kann man nicht durch Skripte lernen. Das muss man gemacht haben.
Sebastian: Ja, ich auch. Das Probeexamen ist teuer, aber das Geld ist gut investiert. Die Auseinandersetzung und der Mehrwert im Probeexamen sind viel größer als bei anderen Klausurenkursen. An diesem Punkt würde ich nicht sparen. Alles, was das Examen besser macht, ist gut investiertes Geld.
Martin: Ich würde das mal so sagen: Hätte mich jemand vor die Wahl gestellt, das Probeexamen oder noch vier Crash-Kurse zu machen, hätte ich mein Geld ins Probeexamen investiert.
Wo konkret hat Euch das Probeexamen weitergeholfen?
Martin: Ich bin sehr positiv überrascht, weil konkretes Verbesserungspotential aufgezeigt wird. Bei jeder Klausur wird sich differenziert mit Sprache und Aufbau auseinander gesetzt. So wusste ich zum Beispiel in der ersten Zivilrechtsklausur, dass mein Einstieg in die Prüfung sehr umständlich ist. Ich hatte das Gefühl: Du schreibst hier eine Seite, die nicht rund ist. In der Einzelbewertung und Besprechung hat man mir genau gezeigt, woran das sprachlich liegt und wie ich besser auf den Punkt kommen kann.
Sebastian: Mir hat es nochmal gezeigt, wieviel Verbesserungspotential bei Sprache und Stil besteht. Es hat mir auch gezeigt, wie wichtig diese Aspekte im 2. Examen im Unterschied zum 1. Examen sind. Natürlich muss man auch das Materielle Recht können. Im Probeexamen wird im Kern an der Verschriftlichung einer Lösungsskizze gearbeitet: Wie schreibt man Obersätze? Wie verbessert man seinen Urteilsstil? Wie verbessert man seinen Argumentationsaufbau? Das bekommt man sonst nicht beigebracht.
Martin: Konkret sah es so aus, dass es in meiner Bearbeitung viele Randbemerkungen und eine mehrseitige Bewertungsskizze gab. Die Bewertungsskizze ist auf die materiellen Lösungswege eingegangen, auf den Aufbau der Argumentation, auf den Stil und das Optimierungspotential. Es werden konkrete Formulierungsbeispiele und -hilfen an die Hand gegeben. Das kann man nacharbeiten. Es ist insgesamt eine sehr konstruktive Bewertung. Nicht wie sonst: „Im Ergebnis 6 Punkte. Im Übrigen siehe Randbemerkungen.“
Sebastian: Dann gab es noch Musterklausuren eines ehemaligen Top-Teilnehmers, der das 2. Examen schon im zweistelligen Bereich abgeschlossen hat. Es ist schon interessant zu sehen, wie der die Klausur bearbeitet hat. Man kann sich einiges abschauen.
Waren die Klausuraufgaben im Probeexamen realistisch?
Sebastian: Die Klausuren sind wie die Originalklausuren aus den Gerichtsklausurenkursen. Ich hab das Gefühl, dass die Klausuren darauf angelegt sind, die Punkteskala von 0 bis 18 Punkten (oder 14 Punkten) ausschöpfen zu können und differenzieren zu können. Das ist anders als bei vielen Postversandklausuren.
Wie war das Probeexamen für Euch im Unterschied zu anderen Klausurenkursen?
Sebastian: Der Motivationsgrad beim Probeexamen ist viel größer. Den Effekt des Probeexamens kann man mit Klausuren, die man zu Hause oder bei Gericht schreibt, nicht erzeugen. Die Schreibbedingungen waren luxuriös: große Räume, Getränke, Snacks und gemeinsame Mittagessen mit KPMG. Das wird im Examen leider anders.
Martin: Die Motivation ist so groß wie im richtigen Examen. Und nur dann merkt man, wo die eigenen Grenzen liegen und was man im Examen anders machen sollte. Man erhält eine gute Vorstellung davon, wie es im Examen sein wird. Man lernt vor allem grundsätzliche Dinge über das eigene Zeitmanagement und die strategische Herangehensweise in der Examenssituation.
Was ist Eurer Einschätzung nach der richtige Zeitpunkt für das Probeexamen?
Martin: Ja, schwer zu sagen. So kurz vor dem Examen ist das natürlich eine wichtige Phase. Für mich war das Probeexamen genau richtig für diese wichtige Phase. Denn Klausurroutine ist zentral. Zwei bis vier Monate vor dem Examen sind wohl optimal.
Sebastian: Die Simulationswirkung ist so kurz vorher einfach besser. Es kann aber auch sinnvoll sein, das Probeexamen schon während der Verwaltungsstation zu schreiben. Dann erhält man zu Beginn der richtigen Examensvorbereitung Antworten auf: Wo stehe ich? Wie bereite ich mich weiter vor? Wenn ich früher davon gewusst hätte, hätte ich das Probeexamen vielleicht zweimal geschrieben: Einmal frühzeitig, um zu sehen, was gewollt ist. Und dann kurz vor dem Examen, um zu schauen, ob ich das umsetzen konnte.
Besteht aus Eurer Sicht die Gefahr, dass die Ergebnisse aus dem Probeexamen fürs Examen demotivieren?
Sebastian: Nein, im Gegenteil, das Probeexamen motiviert besonders fürs Examen. Gerade die Klausuren, bei denen ich nicht so gut abgeschnitten habe, haben mir viel Motivation fürs Examen gegeben. Wenn man ehrlich zu sich ist, dann doch wohl lieber jetzt die schlechten Noten als im richtigen Examen. Einige bleiben lieber in der Wohlfühlzone, aber das ist vielleicht auch eine Typfrage. Aber eigentlich darf man ja nicht deswegen kein Probeexamen schreiben, weil man Angst vor einer schlechten Note hat.
Martin: Viele Leute sagen, man könnte das Examen ja einfach als Freischuss betrachten. Ich kenne aber genug Leute, die beim Freischuss im 1. Examen schlecht abgeschnitten haben und dann in ein Loch gefallen sind. Das ist wirklich demotivierend.
Sebastian: Meines Wissens verbessert sich beim Verbesserungsversuch im 2. Examen doch auch nur einer von fünf Kandidaten um mehr als 1 Punkt. Das bringt doch dann nichts mehr. Und ein Verbesserungsversuch kostet fast ein Jahr Zeit: Wenn ich jetzt im Januar 2015 schlecht abschneide, dann müsste ich im November 2015 oder Januar 2016 nochmal schreiben. Dann ist ein Jahr verloren.